Durch die winterliche Vegetationsruhe bedingt bilden die zur Holzbildung befähigten Pflanzen der gemäßigten Klimazone in der Regel jedes Jahr einen Holzmantel, den
wir Jahrring nennen. So lässt sich durch einfache Zählung der einzelnen Jahrringe das Alter von Gehölzen bestimmen.
Die einzelnen Jahrringe lassen sich je nach Baumart aufgrund ihrer inneren Struktur mehr oder weniger deutlich unterscheiden. In der Regel werden am Anfang der Vegetationsperiode (April-Juni)
breitlumige, dünnwandige Holzzellen (das sogenannte Frühholz) gebildet, die in erster Linie der Wasserführung dienen, während gegen Ende der Vegetationsperiode (Juli-September) englumige, dickwandige
Zellen (das sogenannte Spätholz) gebildet werden, die zur Festigkeit des Holzkörpers beitragen. Dies führt zu einer Zonierung des Jahrrings, wobei helle Frühholz- und dunklere Spätholzzonen auf dem
Querschnitt einer Holzprobe alternieren. Dies ist v.a. der Fall bei den Nadelhölzern (z.B. Fichte, Tanne, Kiefer), bei den sogenannten ringporigen Laubhölzern wie Esche, Eiche oder Ulme und den
sogenannten halbringporigen Laubhölzern wie Kirschbaum oder Nussbaum.
Bei den zerstreutporigen Holzarten wie Ahorn, Buche oder Ross-Kastanie sind die Gefäße über den ganzen Jahrring zerstreut angeordnet. Daher ist eine Zonierung im Jahrring nicht immer gegeben und eine
Identifizierung der einzelnen Jahrringe erschwert. Im Extremfall lassen sich die Jahrringe erst unter mikroskopischer Betrachtung erkennen. Hier ist zu einer sicheren Identifizierung aller Jahrringe
eine gründliche Vorbereitung der Proben durch Feinschleifen oder auch die Anfertigung von Mikroschnitten notwendig.
Die Breite der jährlich angelegten Holzschicht (Jahrring) ist von verschiedenen Wachstumsfaktoren abhängig. Klimatische Faktoren wie Sonneneinstrahlung, Niederschläge, Temperatur und standörtliche
Faktoren wie Nährstoff- und Wasserangebot steuern zusammen mit Wachstumshormonen das Wachstum der Gehölze. Unter optimalen Wachstumsbedingungen werden breite Jahrringe gebildet und umgekehrt werden
schmale Jahrringe bei ungünstigen Wachstumsbedingungen angelegt. In einer Jahrringkurve lassen sich Ereignisse, die das Wachstum des Gehölzes in bestimmten Jahren beeinflusst haben, erkennen und
datieren. So lässt sich die Anamnese von Gehölzen mit Hilfe der Jahrringanalyse rekonstruieren.
Bei Verschulungen oder Pflanzungen am endgültigen Standort entsteht für die Pflanzen ein sogenannter Pflanzschock. Dies führt zur Bildung eines schmalen Jahrrings in den darauffolgenden
Vegetationsperioden. Ursache hierfür ist ein Verlust und eine Beschädigung der Wurzeln bei den Pflanzvorgängen. Dementsprechend lassen sich in einer Jahrringabfolge Verpflanzjahre und Pflanzjahre an
dem abrupten Rückgang der Jahrringbreite in den entsprechenden Jahren in der Regel deutlich erkennen.
Da infolge jeder Kambiumschädigung eine Überwallung des geschädigten Bereichs einsetzt, kann darüber hinaus der genaue Zeitpunkt der Entstehung von Schäden durch mikroskopische Analyse und
Zählen der überwallenden Jahrringe ermittelt werden.